Die Auseinandersetzung mit den Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) gilt als Beispiel einer umfassenden gesellschaftlichen Aufarbeitung von Massenverbrechen. Nach einer langen Phase der Straflosigkeit bis etwa 2005 gelang es der Menschenrechtsbewegung in Argentinien im Zusammenspiel mit einer internationalen Solidaritätskampagne, mehr als 500 Täter vor Gericht und zur Verurteilung zu bringen. Die argentinische Gesellschaft setzt sich darüber hinaus bis heute kontinuierlich in Büchern, Filmen, Theaterstücken und in der zeitgenössischen Kunst mit dem damaligen Geschehen auseinander. In dieser Hinsicht kann die Erfahrung in Argentinien als eines der wertvollsten Beispiele im Kampf gegen Straflosigkeit und Vergessen gelten. Da dies unter anderem der zentralen Rolle von AktivistInnen der transnational vernetzten Menschenrechtsbewegung zu verdanken ist, wollen wir die Veranstaltung am Donnerstag den 29. September 2016 mit zwei Gästen und einem Film aus Argentinien beginnen.
Aus einem Filmworkshop, den Jeanine Meerapfel 1986 in Buenos Aires durchführte, entstand der Film DESEMBARCOS – Es gibt kein Vergessen. Der Film setzt sich mit den sehr präsenten Erinnerungen einzelner Mitwirkender an die gerade abgeschlossene diktatorische Vergangenheit auseinander und thematisiert die gesellschaftliche Diskussion um Straflosigkeitsgesetze, die zum Zeitpunkt des Filmdrehs in Kraft treten sollten. Von den Erfahrungen in Argentinien wird neben der Regisseurin und derzeitigen Präsidentin der Akademie der Künste Jeanine Meerapfel, eine Protagonistin der argentinischen Menschenrechtsbewegung, die Aktivistin Estela de Carlotto (Vereinigung der Großmütter der Plaza de Mayo) im Gespräch mit Wolfgang Kaleck berichten.
LITERATUR
Wolfgang Kaleck: Kampf gegen Straflosigkeit – Argentiniens Militärs vor Gericht, Berlin 2010
Comisión Nacional sobre la Desaparición de Personas: Nunca Más (Nie Wieder), Buenos Aires 1984
Tino Thun: Menschenrechte und Außenpolitik,
Bundesrepublik Deutschland-Argentinien 1976-1983
Dissertation, Bremen, 1985
Bibliothek des Widerstands, Dass du zwei Tage schweigst unter der Folter! Elisabeth Käsemann, Klaus Zieschank, die Diktatur in Argentinien und die Leichen im Keller des Auswärtigen Amtes, Hamburg 2010
Dem Band liegen zwei Filme bei:
…dass du zwei Tage schweigst unter der Folter!
D 1991, 45 min.
Regie: Frieder Wagner, Osvaldo Bayer
Todesursache Schweigen
D 2003, 45 min.
Regie: Frieder Wagner, Osvaldo Bayer