Die Kolonialverbrechen europäischer Staaten wurden – zumindest durch diese selbst – in keinerlei Hinsicht aufgearbeitet, was unter anderem am Fortwirken kolonialer Verhältnisse in den Täterstaaten bis heute spürbar ist. Einige Kritiker unterstellen sogar, den neueren Bemühungen um juristische Aufarbeitung von massiver Gewalt durch westliche Staaten, (neo-) koloniale Tendenzen. Tatsächlich sind die Kolonialverbrechen auch in der ungebrochenen Erfolgsgeschichte internationaler Strafjustiz seit 1945 ein blinder Fleck.
Wir wollen uns schwerpunktmäßig mit dem massiven Einsatz von Folter durch die französische Armee bei der Bekämpfung des algerischen Unabhängigkeitsaufstandes beschäftigen.
Davon handelt der Film Die Schlacht von Algier. In der anschließenden Diskussion mit dem algerischen Fotografen Omar D. wird es zum einen um das Fortwirken von kolonialer und postkolonialer Gewalt bis in die Gegenwart, vor allem aber um das Verschwindenlassen der Zehntausenden mutmaßlichen Islamisten in Algerien während der 1990er Jahre gehen. Zum anderen werden Mark Sealy und Scott Horten die Tradierung bestimmter Aufstandsbekämpfungs- und Foltermethoden von Algerien nach Argentinien bzw. bis Irak und Guantánamo schildern.
Literatur:
Omar D.: Devoir de mémoire / A Biography of Dissappearance, London 2007
Henry Alleg: Die Folter (Frz.: La Question). Wien 1958
Henry Alleg: Mémoire algérienne: souvenirs de luttes et d’espérances. Paris 2005
Patrick Wolfe, Settler Colonialism and the Elimination of the Native, 8(4) Journal of Genocide Research 387 (2006)
Tshepo Madlingozi: On Transitional Justice Entrepreneurs and the Production of Victims, Journal of Human Rights Practice, 2010.
Makau Mutua: Savages, Victims and Saviors: The Metaphor of Human Rights, Harvard International Law Journal, 2001.